Das Jahr 2020 ist bereits fortgeschritten, fast ein wenig unwirklich naht für alle Kelsterbacherinnen und Kelsterbacher die Sommerpause. Corona hat auch in Kelsterbach das innerstädtische Leben eine Zeitlang stillstehen lassen. Doch das Jahr 2020 war als ein Jahr der Entwicklung deklariert. Wie dies dennoch gelingen kann, darüber gibt Bürgermeister Manfred Ockel im Folgenden Auskunft.
Herr Bürgermeister Ockel, wie sehr haben die zurückliegenden zweieinhalb Monate mit allen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie die Entwicklungen der Stadt Kelsterbach beeinträchtigt?
Der Gesundheitsschutz und die notwendigen zu treffenden Vorsorgemaßnahmen gegen die Corona Epidemie haben seit Mitte März dieses Jahres die höchste Priorität. Wichtige Themen zur Stadtentwicklung wurden zurückgestellt, zumal die interessierte Bevölkerung nicht beteiligt werden konnte. In solch einer dramatischen Situation, bei der es um Leben und Tod gehen kann, aber auch um die Sicherung von wirtschaftlichen Existenzen, müssen Zukunftspläne warten.
Welche Planungen waren für 2020 angedacht?
Wir haben im letzten Jahr den Stadtentwicklungsprozess mit sehr guter Beteiligung der Bevölkerung begonnen und wollten im Frühjahr weitere Themen wie Zukunft Wohnen fortsetzen; ferner Planungen für Erschließungsmaßnahmen im Länger – Weg, Verkehrsberuhigung Rüsselsheimer Straße, Nahmobilitätsplanungen, Digitale Stadt, Tiefbaumaßnahmen, Verabschiedung einer Grünanlagensatzung und einiges mehr. Die Planungen sind zwar alle wichtig, können aber nach den Sommerferien mit etwas Verspätung wieder intensiviert werden, sofern es die Vorsorgemaßnahmen zur Eindämmung der Corona Epidemie zulassen.
Welche dieser Vorhaben konnten bereits realisiert oder begonnen werden? Welche Veränderungen sehen wir derzeit im Stadtgebiet?
Zahlreiche im letzten Jahr begonnen Projekte konnten abgeschlossen oder auch begonnen werden. Dazu zählen der Einbau des Aufzuges im Bahnhof, die Fertigstellung des Kreisels in der Mörfelder Straße, die Fertigstellung des Entwicklungskonzeptes für die Klimainsel, Baumpflanzungen im Länger Weg, die Fertigstellung des Spielplatzes in der Gartenstraße, der Bezug des städtischen Wohnprojektes in der Waldstraße, die Fertigstellung des Mainuferweges im Bereich Mainhöhe sowie der Beginn des Ausbaus für barrierefreie Haltestellen in der Stadtmitte.
Wie wird sich die Corona-Krise aktuell und auch mittelfristig auf die finanzielle Ausstattung der Stadt Kelsterbach auswirken?
Bei Bund, Länder und Kommunen ist bislang Priorität, möglichst viele Gewerbebetriebe, Dienstleistungen aber auch Familien in der Krise aktiv zu unterstützen. Die Krise wird ein gewaltiges Steuerdefizit verursachen, das in dem Ausmaß noch gar nicht vollumfänglich abgeschätzt werden kann. Kelsterbach kann zunächst aufgrund sehr guter Steuereinnahmen im zurückliegenden Jahr 2019 auf eine ausreichende Liquidität in diesem Jahr bauen. Doch in den nächsten Jahren werden wir mit starken Steuereinbußen rechnen müssen.
Was wird in den kommenden Jahren die Stadtentwicklung in Kelsterbach prägen? Welche baulichen und sozialstrukturellen Vorhaben haben Sie sich vorgenommen?
In den letzten Jahren waren vor allem die stark wachsende Wohnbebauung und Erschließungen für das Stadtbild prägnant. Das wird sich mit den begonnenen Projekten im Bereich Mainhöhe, Enka-Gelände, Berliner Straße und Länger Weg zwar fortsetzen, doch nicht mehr mit der Dynamik der letzten Jahre.
In den nächsten Jahren wird die Verbesserung der Infrastruktur für Fahrradfahrer und Fußgänger, der weitere Neu- und Ausbau von Schulen und Kindertagesstätten, weitere Bauabschnitte zur Entwicklung der Stadtmitte aber auch zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung unserer Grünstruktur von hoher Priorität sein. Die Verbesserung von Dienstleistungen wie ein Facharztzentrum stehen ebenso wie ein Maßnahmenkatalog zur Klimaneutralität auf dem Programm. Wichtige Themen, die gemeinsam mit der Bevölkerung entwickelt und umgesetzt werden sollen.
Ein Ausblick. „Kelsterbach 2030“. Der Stadtforst und die „Klimainsel Kelsterbach“ machen unsere Perle am Untermain widerstandsfähig für eine sich erhitzende Zukunft. Wie sieht Kelsterbach in zehn Jahren aus? Welche Chancen haben wir, wo liegen die Risiken?
Die Stadt steht in einem doch großen Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlicher Prosperität, der Nachfrage nach Wohnen und einer notwendigen Lebensqualität. Die klimatologischen Veränderungen gerade im Hinblick auf Trockenheit und zunehmen Temperaturen spüren wir alle aus den letzten Jahren. Deshalb gilt es, besonderes Augenmerk auf die Verbesserung unserer Grünstrukturen zu legen, aber auch die gemeinsame Anstrengung, beispielsweise durch regenerative Energiequellen die Klimaziele zu erreichen.
Die Stadt wird 2030 ihre Wohnentwicklung weitgehend abgeschlossen haben und kann auf eine für die Bevölkerung gute Infrastruktur in einer besonders zentralen und attraktiven Lage setzen.
Welche Wünsche haben Sie für die Zukunft der Stadt Kelsterbach?
Ich wünsche mir, dass die Bevölkerung in Kelsterbach weiterhin friedlich, engagiert und verantwortungsbewusst kooperiert und agiert. Wir alle sind aufgerufen, unsere Stadt selbständig und selbstbewusst zu vertreten und auch künftig den Anspruch zu haben, die Stadt mit ihrer kulturellen und vielfältigen Struktur zu erhalten und künftige Herausforderungen erfolgreich zu meistern.
(Die Fragen stellten Hartmut Blaum /Anika Fabijanic, Fotos:Stadt Kelsterbach)