Neunzig 500-Gramm Päckchen Margarine, 90 Ein Liter-Beutel H-Milch, 90 Ein Kilo-Packungen Zucker, 55 Kartons mit je zehn Eiern und 90 Ein-Liter-Flaschen Öl. Das ist das, was die Helfer der Kelsterbacher Ausgabestelle der Tafel dank einer Spende dazugeben konnten. „Das reicht für eine Woche und ist ein Tropfen auf den heißen Stein“, gibt Ursula Will zu bedenken. Lebensmittel sind teuer geworden, auch jene, die die Grundlage für viele selbst gekochten Gerichte bilden.
Möglich gemacht hat dieses „Zubrot“ die Spende der Sozialen Powerdamen. Sie hatten in der Adventszeit auf dem Wochenmarkt wieder selbst gebackene Kuchen, Plätzchen und Kaffee für den guten Zweck verkauft. Wie Morfo Edretzki von den Sozialen Powerdamen, die aus Mitgliedern und Unterstützern des SPD-Ortvereins entstanden sind, berichtet, kamen durch den Kuchenverkauf 600 Euro zusammen. Die kamen nun der Tafel-Ausgabestelle in Form von Lebensmitteln zugute. Die Spende nahmen mit Ursula Will und Katja Ehrlich zwei Frauen entgegen, die sich selbst bei den Powerdamen engagieren, aber auch bei der Tafel mit anpacken.
Wichtig sei bei der Auswahl der Spendenempfänger, dass die Vereine, Organisationen oder sozialen Einrichtungen aus Kelsterbach kommen oder Kelsterbacher profitieren. „Uns ist wichtig, dass der Erlös bei den Menschen in Kelsterbach bleibt“, sagt Edretzki. So haben die Powerdamen in der Vergangenheit auch schon das Flörsheimer Hospiz Lebensbrücke, die Wohn- und Ausbildungsstätte Inselhof und die Helen-Keller Förderschule – beide in Rüsselsheim – unterstützt. Beim Adventsverkauf wurden unter anderem rund acht Blechkuchen, ein Dutzend kleinere Kuchen und rund 120 Beutel selbst gebackene Plätzchen unter die Leute gebracht. „Ist das Wetter schön, dann bleiben die Menschen auch länger am Stand, ansonsten nehmen sie den Kuchen mit nach Hause“, berichtet Edretzki. Im Moment seien neun Frauen bei den Powerdamen aktiv, die Gruppe musste drei Abgänge von engagierten Damen verkraften.
Bei der Tafel-Ausgabestelle in Kelsterbach – seit 2020 in einem früheren Ladengeschäft in der Pfarrgasse zuhause – packen laut Ursula Will und Katja Ehrlich derzeit 45 Helfer mit an. Auch einige Geflüchtete helfen mit, etwa beim Ausladen oder Einsortieren der gespendeten Lebensmittel. Jedoch: Die Situation hat sich, wie bei vielen Tafeln überall, über die vergangenen Jahre verschärft, es fehlen Lebensmittelspenden. „Früher waren wir um 14Uhr kurz vor der Ausgabe mit dem Einsortieren der Spenden fertig jetzt sind wir um 12.30 Uhr durch“, beschreibt Will die Situation. Angeliefert wird gegen 11 Uhr.
Einen Grund in den rückläufigen Spenden sieht Katja Ehrlich darin, dass Supermärkte über Automatisierung immer besser Nachfrage und Angebot aufeinander abstimmen. Auch Lebensmittel, die bald ablaufen, verkaufen die Supermärkte selbst günstiger, berichtet Ehrlich. Gut gegen Lebensmittelverschwendung, schlecht für die Tafeln deutschlandweit.
Schmerzvoll für die hiesige Ausgabestelle war der Weggang des Rewe-Digital Fulfilment Services aus dem Langen Kornweg vor einigen Jahren. Wie Will und Ehrlich berichten, habe dieser vor allem Joghurt sowie abgepackten Käse und Wurst gespendet. Das fehle nun komplett, „die Kühlschränke sind fast leer“, sagt Will. Auch seltene Waren, wie Tee oder Kaffee, gebe es gar nicht mehr.
Die Supermärkte spenden vor allem Frischware, Obst und Gemüse. Hier müssen die Helfer vorsortieren, denn teils ist die Frischware in keinem guten Zustand und manchmal angeschimmelt. Dennoch: Man ist dankbar für jede Spende. Freitags holen die Fahrer die von den Kelsterbacher Märkten bereitgestellten Waren mit dem Lieferwagen ab. Fast alle Supermärkte machten mit, hilfreich für die Tafeln seien etwa die Fünf-Euro-Tüten, die Supermärkte, wie Edeka in Raunheim, oder Rewe zeitweise anbieten, sagt Will.
Kunden kaufen diese fertig gepackten Tüten, die dann an die Tafeln gehen.
Nicht so glücklich sind die Helfer mit einer Spendenbox, die der Kelsterbacher Lidl Markt an seinen Kassen aufgestellt habe. Hier können Kunden Waren reinlegen, jedoch stehe dort ein Schild, dass für die Tafel Rüsselsheim und Wiesbaden gesammelt werde, berichten Will und Ehrlich. Da bleibe die Untermainstadt außen vor, bedauern die Helfer. Spenden erhält die Ausgabestelle auch über
den Tafelsonntag der katholischen Pfarrgemeinde Herz-Jesu, der einmal im Monat stattfindet
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Aktuell zählt die Ausgabestelle in Kelsterbach 80 Kunden, genauer: 80 Berechtigungen. Das können Einzelpersonen sein, aber teils stehen ganze Familien dahinter. Wie Ehrlich ausführt, seien es weniger Großfamilien, sondern eher Familien mit zwei Kindern, teils auch Alleinerziehende. Rentner, sagt Ehrlich,
würden kaum kommen – eventuell auch aus Scham, schätzt sie. „Die sparen dann an anderer Stelle.“
Die Spende der Powerdamen an die Ausgabestelle, wurde für Grundlebensmittel verwendet, wobei die Helfer abwägen mussten, wie viel sie je Kunde herausgeben. Die Eier etwa teilen die Helfer auf, sodass etwa Einzelpersonen und Familien möglichst gleich behandelt werden. Auch bei Zucker und Öl müsse man bedenken, dass etwa hinter einer Packung oder Flasche eine Person oder eine ganze Familie stehe.
Für die Zukunft befürchten die Helfer, dass sich die Situation verschärfen wird. Spenden abseits der Supermärkte werden also wichtig bleiben. Die Sozialen Powerdamen verweisen auf den nächsten Kuchenverkauf auf dem Wochenmarkt am Rathaus am Freitag, 17. Mai. Auch hier geht der Erlös an eine soziale Einrichtung.
Einherzlicher Dank geht an den Freitags-Anzeiger (www.freitags-anzeiger.de) für die Freigabe des Artikels, der ebenda am 19.04.2024 dort erschienen ist.